Lackieren
Lackieren kann als das bedeutendste Verfahren zum Auftrag eines Überzugs an
industriellen Produktionsgütern angesehen werden. Für den industriellen
Einsatz wurden deshalb die unterschiedlichsten Lackierverfahren
entwickelt. Mit weitgehend automatisierten Anlagen lassen sich auch Teile in
hohen Stückzahlen durch Sprühen, Gießen, Walzen oder Tauchen schnell und
gleichmäßig beschichten.
Zusammensetzung von Lacken
Anstrichstoffe und Lacke sind Mischungen aus Bindemitteln, Pigmenten,
Lösungs- und Verdünnungsmitteln, Füllstoffen sowie Zusatzstoffen.
Bindemittel haben die Aufgabe, die Pigmentteilchen
untereinander und mit dem zu lackierenden Untergrund zu verbinden.
Pigmente sind im Anwendungsmedium praktisch unlösliche,
anorganische oder organische, bunte oder unbunte Farbmittel.
Löse- und Verdünnungsmittel (z. B. Benzin oder Terpentinöl)
sind eine aus einer oder mehreren Komponenten bestehende Flüssigkeit, die das
Bindemittel ohne chemische Umsetzung zu lösen vermag. Dadurch wird dem Lack die
zum Verarbeiten erforderliche Viskosität gegeben.
Füllstoffe sind pulverförmige, im Anwendungsmedium
praktisch unlösliche Substanzen, die zum Verändern des Volumens, zum Erzielen
oder Verbessern technischer Aspekte und/oder Beeinflussen optischer
Eigenschaften dienen.
Zusatzstoffe sind u. a. Weichmacher, Trocknungsstoffe,
Härter, Netzmittel sowie Mattierungsstoffe. Weichmacher sind wichtige
Bestandteile für Lacke, die nachträglich auf umzuformende Teile aufgebracht
werden. Härter sind Bestandteile von kratzfesten Lacken.
Vorbehandlung der Werkstückoberflächen
Die Oberflächen der Werkstücke müssen vor einer organischen Beschichtung
behandelt werden, um
- eine gute Haftung der Lackschicht auf dem Untergrund
- einen störungsfreien Beschichtungsprozess
- eine gleichmäßige Ausbildung des Lackfilms
- eine erhöhte Beständigkeit gegenüber Umwelteinflüssen
zu gewährleisten. Bei den Vorbehandlungsverfahren unterscheidet man zwischen
mechanischen und chemischen Verfahren.
Das
mechanische Reinigen von Rost, Zunder, Schmutz, Ruß sowie
korrosive Oberflächenveränderungen kann entweder von Hand, durch
Handgeführte Maschinen (z. B. Schwingschleifer), festmontierte
Schleifmaschinen oder durch Sandstrahlen geschehen.
Chemisch werden Stahloberflächen durch Beizen oder durch
Phosphatieren gereinigt.
- Als Beizmittel werden je nach Material und Verunreinigungen Säuren oder
Laugen verwendet. Die Beizwirkung besteht darin, dass Oxidschichten
(Rost und Zunder) durch Mineralsäuren aufgelöst werden.
- Beim Phosphatieren werden die gut gereinigten, fettfreien Werkstücke der
Einwirkung wässriger Lösungen von freier Phosphorsäure und sauren
Zink-Phosphaten ausgesetzt. Dabei entstehen Konversionsschichten, die
einen guten Haftgrund für die folgende Lackierung darstellen sowie
korrosionshemmende Wirkung aufweisen.
Lackierverfahren
Beim Spritzen bzw. Sprühen werden Flüssigkeiten zerstäubt. Dies kann mit Hilfe
verschiedener physikalischer Effekte erfolgen. In der Lackiertechnik werden
zwei Zerstäubungsprinzipien, die Zerstäubung durch
mechanische Kräfte (=
Spritzverfahren) und die Zerstäubung durch
elektrische Kräfte (=
Sprühverfahren) eingesetzt.
Der Wirkungsgrad der verschiedenen Spritzverfahren differiert erheblich. Der
vorbeigespritze oder abgelenkte Spritzstrahl wird als
Overspray bezeichnet und kann durch erhebliche
Lackverluste zu einer schlechten Wirtschaftlichkeit des Verfahrens und zur
Verschmutzung der Umwelt führen.
Für Hand- und Automatikspritzpistolen
zum Lackieren werden viele verschiedene Düsenformen wie die
Hohlkegel-Exzenterdüse, die Axial-Vollkegeldüse, die
Helix-Hohlkegeldüse, die Bündeldüse, der pneumatische Zerstäuber mit
Außenmischung oder der Überschall-Pneumatik-Zerstäuber mit Innenmischung
angeboten. Zum Lackauftrag werden im Allgemeinen Zerstäuberdüsen
eingesetzt, die die überstrichene Fläche voll ausfüllen. Ein Schnitt durch
einen pneumatischen Zerstäuber zeigt, dass in ihm die Zerteilung des Lackes in
Tropfen, wie auch der Weitertransport, durch an verschiedenen Positionen
austretende Luftströme bewirkt wird. Man nennt Düsen, die mit Gas und
Flüssigkeit arbeiten, Zweistoffdüsen.
Im Folgenden werden die gebräuchlichsten Lackierverfahren kurz vorgestellt
und charakterisiert.
-
Niederdruckspritzen: Dieses Verfahren erfolgt mit
speziellen Niederdruckspritzgeräten („elektr. Spritzpistolen“), die
mit einem Spritzdruck von 0,2 – 0,5 bar arbeiten. Hierbei wird die Luft nicht
wie beim Druckluftspritzen zusammengepresst, sondern von einem
Rotationsgebläse, ohne Zwischenschalten eines Windkessels, sofort zur
Pistole geführt. Allgemein wird das Verfahren dort angewendet, wo keine so
großen Ansprüche an die Optik der Beschichtung gestellt werden. Es eignet
sich zum Verarbeiten dünner oder stark verdünnter Lacke.
- Beim
Druckluftspritzen erfolgen die Verteilung und der
Auftrag des Beschichtungsstoffes durch Druckluft (1 bis 5 bar), die frei
von Wasser und Öl sein muss. Dazu dienen Spritzpistolen, in denen die
Druckluft mit hoher Geschwindigkeit strömt. Mittels eines Düsensystems
wird der Beschichtungsstoff angesaugt und in einem Sprühkegel zerstäubt,
der den jeweiligen Erfordernissen angepasst werden kann. Das
Druckluftspritzen gestattet ziemlich hochviskose, pigmentreiche und
lösemittelarme Beschichtungsstoffe zu verspritzen.
-
Höchstdruckspritzen (Airless-Spritzen): Bei diesem
Verfahren wird der Beschichtungsstoff hydraulisch ohne Luftbeimengung
unter einem Druck von etwa 100 bis 400 bar durch die Spritzdüse gedrückt.
Erzeugt wird dieser hohe Druck von einer druckluft- oder elektrisch
betriebenen Kolbenpumpe. Das Zerstäuben erfolgt beim Verlassen der Düse.
Durch die rasche Expansion in Kombination mit dem Luftwiderstand und dem
mechanischen Widerstand entstehen sehr kleine Tropfen. Der Strahl des
Beschichtungsstoffes ist frei von Luft. Die der Pistole zugeführte Luft
dient der Servosteuerung der Nadel oder zum Sauberblasen. Aufgrund der
hohen Durchflussmengen eignet sich das Verfahren für große
zusammenhängende Flächen.
- Durch
Heißspritzen lassen sich aufgrund der
Viskositätserniedrigung des Lackes mit zunehmender Temperatur
problemlos hochviskose, lösemittelarme Lacke verarbeiten. Dies kann
durch Druckluftzerstäubung bzw. Airlesszerstäubung mit oder ohne
Luftunterstützung erfolgen. Das Erwärmen des Materials auf ca. 55 bis 70° C
erfolgt direkt im Becher der Pistole bzw. über Wärmetauscher mit
Heißwasser- oder Heißlackumlaufsystem. Heißspritzen ermöglicht hohe
Einzelschichtdicken und wird oft in Verbindung mit dem Hochdruckspritzen
angewendet.
-
Elektrostatisches Spritzen: Zwischen Werkstück und
Spritzpistole liegt eine Gleichspannung von 30 kV bis 50 kV an, die zum
Ausbilden eines starken elektrischen Feldes führt. Sobald der
Beschichtungsstoff die Pistolenmündung verlässt, wird er elektrisch
aufgeladen und folgt wie magnetisch angezogen den Feldlinien. Da die
Beschichtungsstoffteilchen gleichpolig geladen sind, stoßen sie sich im
Flug ab, und es entsteht ein homogen versprühter Strahl. Ebenso
gleichmäßig schlagen sich die Partikel auf der Oberfläche nieder. Auch
Teilchen, die normalerweise vorbeifliegen würden, werden aufgrund der
großen Anziehungskraft umgelenkt und zum Werkstück hin
beschleunigt.
- Beim
Tauchlackieren werden die Werkstücke in den Lack
eingetaucht und nachdem sie vollständig benetzt sind, wieder
herausgezogen. Da die Werkstücke vollständig in den Lack getaucht werden,
dürfen sie nicht aufschwimmen, d. h. sie müssen eine größere Dichte als der
Lack aufweisen. Beim Eintauchen dürfen keine Luftblasen verbleiben, weil
an diesen Stellen sonst kein Lack angenommen wird. Beim Austauchen darf
kein Lack mit dem Werkstück ausgeschöpft werden, da größere Lackmengen nur
ungenügend aushärten. Auch müssen die Werkstücke vollständig sauber
sein! Tauchlackieren eignet sich beim Aufbringen von Grundier- oder
Deckschichten mit niedrigen Anforderungen (z. B. bei
landwirtschaftlichen Maschinen).
-
Gießen: Bei Gießmaschinen handelt es sich um große
Tische, deren Fläche aus Rollen oder Förderbändern besteht, die den zu
lackierenden Gegenstand mit variierbarer Geschwindigkeit durch den
Lackvorgang transportieren. Der Lack wird dazu mit einer Förderpumpe aus
einem Vorratsbehälter in den sogenannten Gießkopf gepumpt. Dies ist ein
sich über die ganze Breite der Förderanlange erstreckendes Gefäß mit einem
verstellbaren Spalt an der Unterseite durch den der Anstrichstoff in einem
breiten kontinuierlichen Farbvorhang senkrecht nach unten bzw. auf das
Werkstück läuft. Angewendet wird das Gießverfahren vor allem bei flachen
oder gewölbten, sehr großen Gegenständen, die mit dem Walzverfahren nicht
lackierbar sind.
- Beim
Walzen wird das Beschichtungsmaterial von
rotierenden Gummiwalzen auf die Werkstückoberfläche übertragen. Über
einen verstellbaren Spalt zwischen Auftragswalze und Dosierwalze lassen
sich die gewünschten Lackauftragsmengen einstellen. Die
Werkstückoberflächen können sowohl ein- als auch beidseitig beschichtet
werden. Beim Gleichlaufwalzen bewegen sich Werkstück und Lackierwalzen
in gleicher Richtung, beim Reservewalzen entgegengesetzt. Mit dem Walzen
werden Metallbänder, Möbelteile, Bleche, Konservendosen und Eimer
lackiert.