Schleifen

Schleifen ist nach DIN 8559 „ein spanendes Fertigungsverfahren mit vielschneidigen Werkzeugen“ deren geometrisch unbestimmte Schneiden von einer Vielzahl gebundener Schleifkörner aus natürlichen oder synthetischen Schleifmitteln gebildet werden und mit hoher Geschwindigkeit, meist unter nicht ständiger Berührung zwischen Werkstück und Schleifkorn, den Werkstoff abtrennen.

Grundlagen


Beim Schleifen besitzt das Werkzeug eine Vielzahl gebundener Schleifkörner. Sie trennen mit hoher Geschwindigkeit (bis zu 200 m/s) den Werkstoff ab. Die Schneiden sind beim Schleifen nicht ständig im Eingriff und dringen im Verhältnis zur Größe eines mittleren Schneidkorns nur geringfügig in die Werkstoffoberfläche ein. Dabei werden die Oberfläche, die Form und die Maßhaltigkeit verändert und verbessert. Der Energiebedarf zur Zerspanung einer Werkstoff-Volumeneinheit ist im Vergleich zu Zerspanverfahren mit geometrisch bestimmten Schneiden (z. B. Drehen, Hobeln) sehr hoch.
Bisher wurde Schleifen nur als Endbearbeitung zur Verbesserung der Oberflächenqualität und Passgenauigkeit schon vorbearbeiteter Werkstücke eingesetzt. Durch Weiterentwicklung der Schleifverfahren und –maschinen können heute in kurzer Zeit große Werkstoffmengen abgetragen werden, wie es bisher nur beim Hobeln, Fräsen oder Drehen der Fall war und so wird vielfach ein Werkstück bereits nach dem Ur- bzw. Umformen mittels Schleifen bearbeitet. Flexible Steuerungen und angepasste Schleifwerkzeuge lassen Vor- und Fertigbearbeitung auf einer einzigen Maschine bei ein- und mehrstufigen Abläufen des Schleifens zu.
Das entscheidende Ergebnis des Schleifen ist die Werkstückqualität, worunter Rauheit, Maß- und Formgenauigkeit sowie die Beschaffenheit der Oberflächenrandzone verstanden wird. Außerdem steht beim Schleifen natürlich auch die Wirtschaftlichkeit zur Disposition, wobei Fertigungszeiten, Werkzeugkosten und Ausbringung besonders wichtige Kenngrößen darstellen. Beim Schleifen werden gerade die Werkzeugkosten durch den starken Verschleiß der Schleifscheiben beeinflusst.

Schleifwerkzeug


Der Werkstoff eines Schleifwerkzeugs besteht aus Schleif- und Bindemittel und wird zusätzlich durch Körnung und Gefüge bestimmt. Zum Schleifen muss das Schleifmittel bzw. das Korn verschiedene Anforderungen erfüllen:

  • ausreichende Härte und Schneidfähigkeit, um Späne aus dem Werkstück herauslösen zu können
  • zäh, um schlagartige Belastungen zu ertragen
  • spröde, so dass es nach dem Abstumpfen splittert und neue, scharfe Schneidekanten bildet
  • thermische und chemische Widerstandsfähigkeit

Schleifmittelarten


Die Schleifmittel werden unterteilt in natürliche und künstliche Kornwerkstoffe. Natürliche Kornwerkstoffe (z. B. Quarz, Granat oder Naturkorund) haben – außer dem Naturdiamant – in der heutigen Schleiftechnik wegen ihrer ungenügenden Festigkeitseigenschaften nur noch wenige Anwendungsgebiete. Künstliche Schleifmittel wie Elektrokorund, Siliciumcarbid, Bornitrid, Borcarbid und Diamant werden aufgrund ihrer überragenden Eigenschaften für fast alle Schleifverfahren bevorzugt.

Körnung


Die Körnung eines Schleifmittels gibt Aufschluss über die Größe seiner Schleifkörper. Körnungen werden durch Aussieben von groben, mittleren oder feinen Partikeln mittels verschiedener Siebe gewonnen. Die Körnungsnummer entspricht dabei der Maschenzahl des zur Gewinnung verwendeten Siebes auf der Länge von einem Inch. Die Körnung soll umso feiner sein, je kleiner die geforderte Rautiefe, je besser die angestrebte Oberflächengüte und je scharfkantiger die zu erzeugenden Schleifprofile werden müsse

Schleifkörper


Schleifkörper

Die Bindung hat den Zweck, die einzelnen Schleifkörner so lange festzuhalten, bis sie stumpf geworden sind. Art und Menge des verwendeten Bindemittels beeinflussen den Härtegrad und die Schleifeigenschaften des Schleifkörpers. Es gibt organische (harz- oder gummiartige) und anorganische (keramische, mineralische, metallische) Bindemittel.
Die statische Härte drückt den Widerstand des Kornes gegen das Ausbrechen aus dem Kornverband aus. Der Härtegrad bezeichnet also nicht die Kornhärte sondern die Kornhaltekraft! Die dynamische Härte (Arbeitshärte) eines Schleifkörpers drückt den Widerstand aus, der dem Ausbrechen des Kornes beim Schleifen entgegengesetzt wird. Sie hängt von der Körnung sowie den Arbeitsbedingungen ab.
Das Gefüge der Schleifkörper ergibt sich aus der Verteilung der Schleifkörner, des Bindemittels und der mit eingeschlossenen Porenräume. Die Poren bilden Spankammern und fördern die Kühlung beim Schleifen. Das Gefüge wird mit den Kennziffern 0 – 14 bezeichnet. Je höher die Kennziffer, desto offener ist das Gefüge, d. h. desto poröser ist der Schleifkörper.

Schleifprozess


Beim Schleifen erfolgt durch das Zusammenwirken von Schnitt-, Werkstück-, Zustell- und Vorschubbewegung eine kontinuierliche Spanabnahme an den zu bearbeitenden Flächen. Neben der Spezifikation und der Aufbereitung des Werkzeuges bestimmen die Arbeitsparameter (Schnittgeschwindigkeit, Vorschubgeschwindigkeit, Zustellung und Quervorschub) des Schleifprozesses in entscheidender Weise das Schleifergebnis.
Schnittgeschwindigkeit vc: Sie entspricht der Umfangsgeschwindigkeit vs der runden Schleifscheibe. Normale Umfangsgeschwindigkeiten können bis zu 35 m/s für keramisch-gebundene Schleifkörper und bis zu 45 m/s für kunstharzgebundene Schleifkörper betragen. Die Umfangsgeschwindigkeit darf die zulässigen Höchstwerte nicht überschreiten, da sonst die Schleifscheibe durch die Wirkung der starken Fliehkräfte zerspringen könnte.
Vorschubgeschwindigkeit vf (oder Werkstückgeschwindigkeit): entspricht beim Planschleifen der Tischschubgeschwindigkeit und beim Rundschleifen der Werkstückumfangsgeschwindigkeit.
Querschub f: Der Querschub in mm je Hub bzw. beim Rundschleifen der Längsschub f in mm je Werkstückumdrehung bestimmt die Schnittbreite ap der Schleifscheibe (also die Materialmenge, die abgespant wird).
Zustellung a: Unter Zustellung versteht man den Weg, den die Schleifscheibe senkrecht zu der zu erzeugenden Oberfläche pro Bearbeitungsschritt durch den Maschinenbediener (bzw. während einer bestimmten Zeiteinheit) zurücklegt.

Rauheit


Zu den wichtigsten Oberflächenkenngrößen eines Werkstücks gehört die Rauheit R. Sie ermöglicht Aussagen über die Feingestalt einer Oberfläche. Die gebräuchlichen Rauheitsmaße sind:

  • Rautiefe Rt
  • Arithmetischer Mittenrauwert Ra
  • Gemittelte Rautiefe Rz

Die sich im Schleifprozess einstellende Rauheit wird unter anderem bestimmt durch das
Geschwindigkeitsverhältnis q:
q = vs / vf
also dem Verhältnis der Scheibenumfangsgeschwindigkeit vs zur Vorschubgeschwindigkeit vf. Das Geschwindigkeitsverhältnis q beeinflusst die Bildung des Rauheitsprofils am Werkstück erheblich. Bei zunehmenden q überlagern sich immer mehr Schneidprofile der Scheibe auf der Werkstückoberfläche, so dass sich die Rauheit vermindert. Dies kann erreicht werden durch eine höhere Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeit bzw. eine kleinere Werkstückumfangsgeschwindigkeit.

Verschleiß


Die chemischen und thermischen Eigenschaften der Schleifmittel verursachen häufig starken Flächenverschleiß am Schleifkorn. Am häufigsten treten chemische Reaktionen mit dem Werkstoff auf, aber auch Reaktionen mit dem Kühlschmierstoff oder der Luft können zu Kornverschleiß führen. Die mechanischen Verschleißursachen entscheiden letztlich darüber, welche Verschleißform überwiegt. Bei hoher Kornbelastung durch die Schnittkraft überwiegt bei den meisten Schleifkörpern der sogenannte Makroverschleiß. Bei kleiner Schnittkraft wird hingegen erst mit zunehmenden Reibungsverschleiß die Kornbelastung so hoch, dass das Korn splittert oder ausbricht (= Selbstreinigungseffekt!).
Bei einer Schleifscheibe unterscheidet man zwischen dem Radialverschleiß Δ rs und dem Kantenverschleiß Δ rsk. Änderungen des Schneidraumes werden dabei mit dem Radialverschleiß erfasst und die der geometrischen Form der Schleifscheibe durch den Kantenverschleiß. Beide Verschleißarten sind bei der Berechnung der Werkzeugkosten von Bedeutung.

Schleiftemperatur und Kühlung


Beim Schleifen entsteht durch Reibung und Spanbildung Wärme. In der Werkstückrandzone können dadurch ohne Kühlung Temperaturen von über 1.000 ° C auftreten. Diese Erwärmung der Randzone sowie auch oft ein zu rasches Abkühlen sind Ursachen für Schleifschäden wie Maßabweichungen, Risse, Spannungen oder Brandflecken.
Durch Kühlschmierung erreicht man gleichzeitig eine Verminderung der Reibungswärme, die Reinigung der Spankammern und die Kühlung des Werkstückes. Der wirksamste Kühlschmierstoff ist Schleiföl, da es die Reibungswärme i. d. R. stärker verringert als sonstige Schleifkühlmittel und –emulsionen.